Begeben wir uns in die Gegenwart. Flugzeugpiloten kennen es schon seit dutzenden von Jahren: das „Head-up Display“ (HUD), das zusätzliche oder eben erweiterte Informationen direkt in die Scheibe projiziert. Heute sind derartige HUDs schon in vielen Autos Standard. Informationen wie die Geschwindigkeit und Richtungsanweisungen des Navigationsgeräts sind direkt im Gesichtsfeld eingeblendet und lenken den Fahrer nicht ab (daher der Name: der Kopf bleibt oben). Die Information wird dabei virtuell direkt in die Umwelt eingebettet: Ein Navigationspfeil erscheint so, als läge er direkt auf der Straße, ein Sicherheitsabstandsbalken gibt dem Fahrer an, wie viel Abstand er zum vorausfahrenden Auto halten soll.
Das Smartphone pusht AR-Entwicklung
In den letzten Jahren kamen etliche Geräte auf den Markt, die mitunter neue Begriffe mit sich brachten. Auch die Softwareentwicklung bewegt sich rasant: Entwicklungsumgebungen wie „Unity“ erlauben das sehr schnelle Ausprobieren und Entwickeln von Lösungen mit dreidimensionalen Objekten. Apple und Google integrieren Augmented-Reality-Plattformen in ihre Betriebssysteme. Damit hat heute fast jeder ein AR-fähiges Gerät in der Tasche: das Smartphone. Entsprechend tut sich hier derzeit auch am meisten. Allenthalben schießen VR und AR-Apps wie Pilze aus dem Boden. Bekanntestes Beispiel: Ikea. Mit den AR-Apps stellt sich der Kunde das Sofa bereits vor dem Kauf ins Wohnzimmer. Wanderer erkennen mit AR-Anwendungen jeden Berggipfel und Kinder verwandeln ihre Zeichnungen in 3D-Figuren oder verstecken virtuelle Schätze im echten Kinderzimmer.
Aber was sind eigentlich die Unterschiede zwischen AR, VR und MR?
Virtual Reality: Rein in eine andere Welt
Beginnen wir mit der Virtual Reality. Wie der Name sagt, begibt man sich in VR-Applikationen komplett in eine andere Welt. Man taucht förmlich in die Virtualität ein und nennt das auch die immersive Realität oder totale Immersion. Um derart einzutauchen, verwendet man eine VR-Brille. Wobei der Begriff Brille in die Irre führt: man sieht nicht durch sie hindurch, sondern hat einen kleinen Bildschirm vor den Augen, der eine eigene Welt projiziert. Dabei kann eine stereoskopische Sicht erreicht werden, die eine dreidimensionale Tiefe suggeriert. Es findet jedoch nur eine sehr eingeschränkte Interaktion mit dem Raum statt. Zu den größeren technischen Einschränkungen aller VR Brillen gehört die für den Verwendungszweck eher schlechte Auflösung der Bildschirme; beim Blick durch die Linsen auf dem sehr nahen Bildschirm sind die Pixel erkennbar.
Augmented Reality: Erweitert die Weltsicht
Im Unterschied dazu ist die erweiterte Realität – Augmented Reality – nicht immersiv. Die echte Welt wird mit zusätzlichen Informationen überblendet. Verwendet man ein Smartphone als AR-Gerät, wird der echte Raum von der Kamera erfasst und auf dem Bildschirm dargestellt. Darin eingebettet ist dann die zusätzliche Information. Bekanntester Vertreter einer AR-Applikation dürfte das Spiel Pokémon Go sein. Die totgeglaubte Google Glass ist ebenfalls ein AR-Gerät und wird in einer Enterprise-Version weiterhin hergestellt. Da die Hände beim Verwenden von Telefonen nicht frei sind, ist deren Nutzen im geschäftlichen Alltag vorwiegend auf rein inhaltsvermittelnde Applikationen fokussiert.
Mixed Reality: das beste aus beiden Welten
Als Microsoft die HoloLens lancierte, verbanden sie ihr Gerät mit einem weiteren Begriff: Mixed Reality. Die Realität ist nun nicht mehr nur erweitert, die virtuelle Realität wird mit der echten vermischt, respektive verschmolzen. Man sieht den Raum mit eigenen Augen durch eine Brille, dreidimensionale Objekte werden als Hologramme darin dargestellt. Damit entfällt im Unterschied zur herkömmlichen Darstellung von AR die kognitive Last, also die mentale Anstrengung des Benutzers, sich ein 3D-Objekt vorzustellen. Neben Microsofts HoloLens sind derzeit zwei weitere Geräte erwähnenswert: Meta 2 und Magic Leap One der jeweils gleichnamigen Firmen. Beide sind im Gegensatz zur HoloLens keine vollständigen Computer, sondern benötigen zusätzlich mit Kabeln verbundene Hardware. Allen eigen ist ein Head-Mounted Display (HMD). Im Enterprise-Bereich bieten diese AR-HMDs aktuell die meisten Möglichkeiten.
Aktuelle Anwendungsbereiche
Anwendungsbereiche für VR sind neben der Unterhaltungsindustrie (Games, Videos usw.) beispielsweise die Architektur (virtueller Rundgang durch ein Haus), medizinische Rehabilitation und Therapien (Training nach Schlaganfall oder Phobie- Therapie) oder eine echte Achterbahnfahrt in unechter Realität. Eine Schweizer Bank hat gar eine VR-Trading App lanciert, mit der man im virtuellen Raum mit echten Aktien handeln kann. Zu den spannenden Anwendungsbereichen für AR und MR zählen etwa die Architektur und das Produktdesign: Gips und Holzmodelle gehören der Vergangenheit an, Prototypen müssen nicht mehr aufwändig materialisiert werden, sondern können direkt aus dem CAD Programm in die AR-Applikation geladen und damit gar virtuell teletransportiert werden.